Auf der Suche nach der Cadolzburger Tracht
Dass es in Mittelfranken eine reichhaltige Trachtenlandschaft gibt, hat kürzlich der „Tag der Franken“ in Bad Windsheim gezeigt. Die Trachtenforschungs- und -beratungsstelle des Bezirks hatte einige Beispiele präsentiert. Mit am Stand waren auch der Bayerische Landesverein für Heimatpflege und die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen.
Für den Heimatverein Cadolzburg war das ein guter Grund, die eigenen Bestände im Depot des Museums durchzusehen, denn Textilien sind genug vorhanden, doch was davon ist Regionaltracht?
Die zuständigen Damen luden deshalb die Schneidermeisterin Rosalie Postatny aus Burgthann und die Trachtenexpertin Dagmar Rosenbauer aus Kunreuth ins Museum ein, um die wertvollen Schätze zu begutachten. Die beiden hatten bereits in Bad Windsheim die Trachtenberaterin von Mittelfranken, Kathrin Weber, aktiv unterstützt. Die Vielfalt der vorhandenen Kleidungsstücke überraschte die beiden Expertinnen doch sehr.
Neben städtischen Kleidungsstücken vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre fand sich eine größere Auswahl an regionalen Trachtenteilen. Handwerklich aufwändig verarbeitete Bänderhauben, farbige Seidentücher- und Schürzen für den Kirchgang neben Werktagstrachten aus schönen Blaudruckstoffen. Auch gab es bereits konfektionierte Schürzen mit farbigen Kurbelstickereien, die früher fertig gekauft werden konnten und in anderen Gegenden Deutschlands ebenso auftauchen. Solche Schürzen wurden unter anderem in einem Geschäft in Weißenburg angeboten. Da Cadolzburg für damalige Verhältnisse sehr weit entfernt liegt, bleibt die Frage offen, wo man sie sonst noch erwerben konnte. Hier besteht noch viel Forschungsbedarf. An der Vielfalt der Teile lässt sich gut erkennen, wie noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Ausstattung der ländlichen Bevölkerung war.
Gab es eine Cadolzburger Tracht?
Ob die Cadolzburger selbst ländliche Trachten trugen oder diese durch Zuzug oder Einheirat in den Marktflecken kamen, ist nicht mehr eindeutig festzustellen. Wer heute alteingesessene Cadolzburger der Geburtsjahrgänge nach 1950 fragt, bekommt nur vage Antworten. Zeitzeugen erinnern sich an wenige damals schon sehr alte Frauen, die sich noch an Trauerzeiten hielten und ganz in Schwarz gingen. Zu dieser historischen Kirchgangstracht kommt noch die Erinnerung an Frauen in blauen Arbeitstrachten und an die „Cadolzburger Brestlesrupfer“ (Hochdeutsch: Erdbeerpflücker) eine Volksmusikgruppe, die in Tracht auch bei Festumzügen mitwirkte.
In den Jahren 1980/81 entstand aus der Privatinitiative zweier Familien heraus eine Volkstanzgruppe im Rahmen des Heimatvereins. Diese „neuen“ Trachten sind heute zwar auch schon über 40 Jahre alt, oft sehr aufwändig gearbeitet, als Museumsstücke aber nur bedingt interessant. Vor einigen Jahren wurde die Gruppe aufgelöst und es gibt in Cadolzburg seither keine Trachtengruppe mehr.
Heimatvertriebene brachten Trachten mit
Im Bestand des Cadolzburger Heimatmuseums sind bei dieser Durchsicht auch einige Trachten der Sudetendeutschen aufgetaucht. In den 1950er Jahren ist die Einwohnerzahl des Marktes Cadolzburg durch diese Zuwanderer deutlich angestiegen. Äußerlich sichtbar wurde dies nicht nur durch neue Siedlungsgebiete, sondern vor allem auch durch den Bau der katholischen Kirche.
Diese Heimatvertriebenen blieben teilweise ihren sudetendeutschen Trachtengewändern treu, während sich die Cadolzburger modisch städtisch kleideten. Bis zur Jahrtausendwende ging der Bezug zum traditionellen regionalen Gewand endgültig verloren.
Hat regionale Kleidung eine Zukunft?
Rosalie Postatny fertigt seit nunmehr 10 Jahren regionale Trachten nach Kundenwunsch, sie sagt: „In Zeiten der Globalisierung sehnen sich die Menschen wieder nach ihrer kleinen regionalen Insel. Zunächst kauft man sich ein Oktoberfestdirndl und irgendwann fragt man sich, ob es nicht etwas aus der Region, dem Ort gibt. Meine Kunden und Kundinnen möchten sich nicht mehr mit dem Mainstream zufriedengeben und suchen nach einer tragbaren Regionaltracht stattdessen“. Dagmar Rosenbauer ergänzt: „Tracht hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Viele Dirndl- und Lederhosenangebote kommen von Billiganbietern aus Pakistan und werden nicht selten in Kinderarbeit gefertigt. Wertig gearbeitete Regionaltrachten können stattdessen ein Leben lang halten, denn die Schnitte sind so gestaltet, dass sie leicht bis zu 3 Größen mitwachsen können“.
Die beiden Frauen sind sich einig, dass die Fundstücke des Heimatvereins es gar nicht so schwer machen, eine zeitgemäße Variante davon umzusetzen, die Spaß macht, getragen zu werden und dass es sich lohnt, diesen Schatz zu bewahren.
Ein Blick in die Vergangenheit, der neue Impulse in die Zukunft setzen kann.
Viele Infos zum Thema gibt es bei der Trachtenforschungs- und -beratungsstelle des Bezirks Mittelfranken:
Telefonnummer: 0981 /4664 54000
Adresse: Asbacher Weg 3
90547 Stein
Foto: Roland Rosenbauer